Politik







Queen Elisabeth II. ist tot
Ein Nachruf von Maximilian Nitzschke-Stockmann
(18. September 2022)


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Für mich war es jahrelang irgendwie unmöglich, sich vorzustellen, dass die Welt eines Tages ohne diese besondere Frau leben müsste. Sie, Queen Elisabeth II. war stets in unserem Leben, wurde zur Großmutter einer ganzen Nation und blieb eine Zeitzeugin eines ganzen Jahrhunderts. Je älter sie nun wurde, umso mehr wollte man die Wahrheit, dass auch der Tod vor dieser würdevollen Dame nicht Halt machen würde, verdrängen. Sie war ja schon immer da, also kann sie doch unmöglich eines Tages nicht mehr da sein!

Das Undenkbare ist nun am 8. September 2022, unerwartet schnell, auf Schloss Balmoral in Schottland passiert. Sie, unsere Queen, die am längsten amtierende Monarchin der Welt, ist im stolzen Alter von 96 Jahren entschlafen. Ein ganzes Land ist schlagartig in Schockstarre verfallen – der Ausruf „London Bridge is down“ – hallte wohl in jedem nach. Ihren einstigen Untertanen ist ein Familienmitglied genommen worden, ebenso wie der royalen Familie selbst.

Für viele war die Queen bereits zu ihrer eigenen Geburt schon Monarchin, erlebte ihre Hochzeiten mit, die Geburt der eigenen Kinder, die dann ihrerseits die Queen nur als ihre Königin kennenlernten. Neue Familien wurden gegründet, neue Kinder geboren und alle kannten nur sie - ihre Queen.

Sie überstand selbst ein halbes Dutzend Päpste und sah ganze 15 Premierminister und drei Premierministerinnen kommen und etliche auch wieder gehen. Winston Churchill, Margaret Thatcher, Tony Blair, Theresa May, Boris Johnson sind nur einige davon. Nur zwei Tage vor ihrem Tod hatte sie noch die amtierende Premierministerin Liz Truss mit der Regierungsbildung beauftragt. Es war also auf eine völlig irrationale Weise niemals vorstellbar, dass diese hochbetagte Monarchin einmal sterben könnte. Nicht so schnell, gar so plötzlich!

Dennoch, als der Palast mitteilte, dass der Gesundheitszustand Ihrer Majestät ein Grund zur Sorge sei, und Limousinen der Familienmitglieder im Eiltempo nach Schottland fuhren, ahnte ich bereits nichts Gutes. In Gedanken nahm ich Abschied von ihr. Nur wenige Stunden später wurde es bittere Gewissheit: Die Queen ist tot! King Charles III. wird fortan diese Familie zusammenhalten müssen, und dabei fehlt ihm das bedeutendste Juwel seiner Krone – seine Mutter.
Seit dem 8. September steht das britische Volk sowie royale Anhänger auf der ganzen Welt in Trauer vereint beisammen. Es sind Momente für die Ewigkeit, die keiner erleben wollte, und die sich unbarmherzig in unser Bewusstsein brennen. Trauergottesdienste in Edinburgh, die Prozession in London, der Sarg aufgebahrt in der Westminster Hall – Bilder, die Historie schreiben! Flaggen wehen auf Halbmast, der Union Jack ist gesenkt, Blumenmeere vor den royalen Anwesen und Botschaften in der ganzen Welt.

Auch wir legten Blumen nieder vor der britischen Botschaft hier in Berlin. Es war unser persönlicher Moment ihrer Ehrung und Ausdruck unserer Verehrung, der jede bittere Träne rechtfertigt.

Die ewige Monarchin gab den Menschen eine Beständigkeit und führte sie durch etliche Jahre schwieriger Weltpolitik hindurch. Sie besaß eine eigene politische Meinung, wenngleich sie diese nur einmal im Falle Margaret Thatchers öffentlich machte. In späteren Jahren fand sie Wege, die Monarchie menschlicher und verletzlicher zu zeigen. Prinz Philip ebnete ihr den Weg zu den Medien und hat in meinen Augen die Moderne mit in die verstaubten Räume des Palastes gebracht. Ihre Familienbiographie hat Risse, Sprünge erhalten, und dennoch lernte die Queen, dass Fehlentscheidungen auch zugegeben werden können, und ging mit der Zeit.

Wie groß ihr Einfluss auf die Politik wirklich war in den 70 Jahren ihrer Regentschaft, dürfte wohl erst in rund 100 Jahren nach der Freigabe der privaten Papiere bekannt werden. Sie gab sich oftmals als die Unnahbare, um das Rätselhafte ihrer Person und die Magie der Monarchie zu bewahren. Zu viel Emotionales war ihr fremd, nur wenige Male rang sie in der Öffentlichkeit mit den Tränen. 1997 forderte das Volk eine Monarchin, welche um die einstige Schwiegertochter trauert. Sie hingegen sah den Schutz der Enkel und die Trauer als etwas Privates an. Schließlich holte Tony Blair die royale Familie nach London zurück, wo ein ganzes Volk seiner Trauer und seinem Mitgefühl über den Tod Lady Dis Ausdruck verlieh.

Ja, sie konnte aus ihren Fehlentscheidungen lernen und sich dann nahbar zeigen und Sympathien zurückgewinnen. Sie sprach zum Volk als Queen, als Mutter des einstigen Ehemannes und als Oma von William und Harry und ehrte Diana als den Menschen, der sie war – jemand Besonderes.

Wie verletzlich sie doch selbst war, wurde deutlich zur Trauerfeier ihres geliebten Mannes Prinz Phillip. Ganz alleine musste sie in ihrer Bank sitzen und voller Tränen ihren geliebten Philip zu Grabe tragen. Er war ihre wichtigste Stütze, fast 74 Ehejahre immer an ihrer Seite stehend, und war plötzlich nicht mehr da. Eine Liebe fürs Leben endete abrupt.

Sie litt massiv unter dem Verlust, erholte sich wohl nie mehr ganz davon. Nach einer zweiwöchigen Trauerzeit begann sie wieder zu arbeiten. „Lass es uns angehen“, so lautete das Motto in der ältesten Generation der Windsors. Sie war diszipliniert, und in der Arbeit lag wohl auch ein Mittel, den Schmerz zu bewältigen. Was nur Wenige wissen durften, körperlich ging es ihr bereits seit Monaten schon schlecht.

Zeit ihres Lebens übte Elizabeth II. mit stoischer Ruhe, viel Symbolik und strenger Disziplin ihren Dienst am Volk aus. In den Augen ihrer Untertanen und Bewunderer stand sie als menschgewordenes Symbol für Tugenden wie Hingabe, Pflichtbewusstsein und Standhaftigkeit. Gleichwohl überstand sie damit die schlimmsten Skandale und verlieh der Monarchie auch in der heutigen Zeit eine gefühlte Relevanz.

Königin Elizabeth II. schwebte förmlich über allem!

Nun ist sie gegangen! Sie hat ihre Ruhe gefunden und wird mit ihrem Philip am Montag, dem 19. September 2022, in Windsor Castle vereint.

Bereits vor acht Jahren überholte sie Queen Victoria mit der längsten Regentschaft. Anzumerken sei jedoch, dass während der Regentschaft ihrer Ururgroßmutter das goldene Zeitalter Britanniens anbrach. Unter der Herrschaft Elizabeths II. jedoch ist trotz aller Bestrebungen das Empire eher zerfallen und die weltpolitische Macht und der Einfluss des einstigen Weltreichs gesunken. Nicht zuletzt hat der Brexit der Außenwirkung massiv geschadet, hat sich Großbritannien dadurch isoliert von Europa und der Weltpolitikbühne.

Was bleibt, ist ein zutiefst zerrüttetes Land mit etlichen Abspaltungsgesuchen.Nun ist es an ihrem Sohn, King Charles III., das Andenken an seine Mutter zu bewahren und als neuer Souverän sich als würdig zu behaupten. Gott schütze den König!

Ich verneige mich voller Respekt und Ehrfurcht vor Ihnen, Your Majesty!
Mögen Sie nun Ihre Ruhe finden!




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